Die Zusammenhänge zwischen IT und Netzwerken, die Entstehung dieser Netzwerke auf mehreren Ebenen, die sowohl technische als auch soziologisch konnotiert sind, erfordern somit auch die Auseinandersetzung mit Systemtheorien, Komplexität und damit verbundenen gesellschaftlichen und kulturellen Aspekten. Vertreter der Systemtheorien und die damit verwandte Richtung des “Radikalen Konstruktivismus” werden in philosophischen Vorlesungen zwar behandelt – wohl weil auch einige der namhaften Vertreter Österreicher waren – jedoch nach wie vor von der Mehrheit der Vortragenden aus meiner Sicht nicht im Sinne der Erfinder interpretiert. Am ehesten findet man Verständnis für diese Theorien bei Lehrenden, die mit fernöstlichen Traditionen vertraut sind.

Sich mit solchen Themen auseinander zu setzen entspricht auch eher dem Naturell des Querdenkers – dies bedeutet, sich nicht ausschließlich mit Themen zu befassen, die zu normalen Zeiten den Mainstream darstellen, sondern eher am Rande des Flusses zu bleiben, auch wenn dort mehr Unruhe herrscht – auf jeden Fall ist es dort spannender. In schwierigen Zeiten wird man möglicherweise auf Ideen angewiesen sein, die nicht dem Mainstream entspringen, denn der Mainstream muss sich auf Erfahrungen stützen, die in all ihren Auswirkungen bereits bekannt sind.

Einer der bekanntesten Vertreter des “Radikalen Konstruktivismus” war Heinz von Förster (* 1911 in Wien – † 2002 Pescadero, Kaliformien), der als Mitbegründer der Kybernetik gilt – eines Begriffs, der uns mit dem Internet als Cyberspace, Cyberwar oder Cyber Sercurity laufend begegnet. Kybernetik, von dem griechischen Wort „kybernetes“, dem Steuermann. Es handelt sich beim Cyberspace somit also um einen durch mögliche Steuerungsmechanismen definierten Raum. Heinz von Förster hat den Begriff der Kybernetik um einen Buchstaben und somit um einen philosophischen Aspekt erweitert – um ein “h” – zur “Kybernethik”. Damit soll dargestellt werden, dass diese Steuerungsmechanismen so lange funktionieren können, so lange ethische Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigt werden – eine Einschätzung, die naturgemäß zu einem ziemlich komplexen Themengebiet führt. Ethisches Handeln in menschlich definierten Systemen korreliert in einem gewissen Maß mit der Größe der Systeme, und ist somit leichter in einem regional begrenztem gesellschaftlich definiertem Raum als in einem globalen System zu definieren. In der globalisierten Welt führt überbordende Komplexität zu einem Wahrnehmungsverlust, auch im Umgang mit ethischen Grundsätzen. Dies liegt auch an einem Zuviel an Information, was zunehmend Unsicherheit mit sich bringt. Damit wird die Reduktion von Komplexität erforderlich. Diese Reduktion wieder führt zu unterschiedlichen Sichtweisen – manchmal auch zu dogmatischen Positionen.

Schon Aristoteles hat sich Gedanken gemacht, was denn ein „Gutes Leben“ sei und dabei die Ethik als Forderung nach Tugendhaftigkeit beschrieben. Der dabei wichtige Weg der Mitte – mesothes (altgriechisch μεσότης) – ist dann eine Herausforderung im Umgang mit komplexen Situationen, denn die Einschätzung der Mitte (zwischen Übermaß und Mangel) liegt wieder im Auge des Betrachters.