Im Mai 2019 hatte ein Konsortium von Wissenschafterinnen und Wissenschaftern das Wiener Manifest für Digitalen Humanismus herausgegeben und damit Forderungen an Gesellschaft und somit die Politik gestellt, die helfen sollen, digitale Technologien, Demokratie und Grundwerte wie Redefreiheit und Privatsphäre in Einklang zu bringen.
Siehe https://www.informatik.tuwien.ac.at/dighum/

Ausgehend von der Feststellung, dass das System versagt (The system is failing – Tim Berners Lee) soll ein Diskurs gestartet werden, wie eine gemeinsame und gleichwertige Evolution von Technologie und Mensch proaktiv gestaltet und begleitet werden kann.

Der Tenor des Manifests geht dahin, gesellschaftliche Werte und danach Regeln zu definieren, die Fairness garantieren und Monopole verhindern sollen. Klar scheint, dass dies einer breiten Diskussion bedarf, in der sowohl die Wissenschaft der technischen Disziplinen zur Zusammenarbeit mit Sozial-, Geistes- und Naturwissenschaften aufgefordert wird, als auch die Beteiligung von Entscheidungsträger/innen und Praktiker/innen aus Wirtschaft, Bildung und sozialen Einrichtungen gefordert ist. Besonders die Feststellung, dass die Anwendung von Technologien nicht neutral ist, weist darauf hin, dass trotz aller möglichen Vorteile auch eventuell nachteilige Entwicklungen zwingend abzuschätzen sind.

Es wird auch die Forderung aufgestellt, Ausbildung mit Bildung im humanistischen Sinn zu kombinieren, um damit Aspekte die Gesellschaft und Menschen über die Technologie hinaus beeinflussen, mehr in den Fordergrund zu stellen.

„Alles Leben ist Problemlösen

Popper, Karl R.: Alles Leben ist Problemlösen. 15. Auflage. München: Piper Verlag GmbH, 2012

hatte schon Karl Popper bemerkt – die Lösung eines Problems bringe damit die nächste Herausfoderung, die auf Basis der steigenden Komplexität durchaus größer sein kann, als das eben gelöste Problem, mit sich. Was uns nicht hindern soll, Probleme lösen zu wollen, sondern uns dazu auffordert, Wissen und Erfahrung aus transdisziplinären Bereichen zu kombinieren.

Diese Erkenntnis besteht schon lange, auch im Zusammenhang mit der Entwicklung der digitalen Transformation. So beschreibt Georges Elgozy bereits im Jahr 1972 Vorzüge und Nachteile des Einsatzes von Computern und den darauf aubauenden Technologien u.a. mit den Worten:

„Möglicherweise wird der größte Fortschritt der nachindustriellen Gesellschaften in der Einsicht bestehen, daß [sic] aller techologische Fortschritt sinnlos bleibt, solange man nicht die Person in den Vordergrund stellt; und daß [sic] das Glück des Menschen nicht von einer Maschine, und wäre diese auch noch so vollkommen, sondern einzig und allein von ihm selbst abhängt – eine Erkenntnis, die uns eigentlich Mut geben sollte, d.h. sofern sie uns nicht änstigt.“

p. 229 Georges Elgozy: Le Desordinateur. Le peril informatique – Der Computerwahn – Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt/Main – deutsche Ausgabe 1975

Wir sind also gefordert, Technologie und Mensch / Gesellschaft im Einklang zu denken und technische Lösungen für viele Aspekte des täglichen Lebens in Betracht zu ziehen – es sollte uns jedoch auch bewusst sein, dass Technologie nicht die Lösung für alle auftretenden Probleme sein kann.