Pfadabhängigkeit – scheint ein plausibles Modell für Entwicklung in Abhängigkeit von der Vergangenheit zu sein, denn abhängig vom bisher beschrittenen Pfad eröffnen sich Möglichkeiten, bedingt durch die auf diesem Pfad getroffenen Entscheidungen und Handlungen. In der Encyclopedia Britannica (Greener, 2017) wird Path Dependence als Tendenz beschrieben, wie Institutionen, Technologien – allgemein formuliert Systeme – aufgrund ihrer strukturellen Eigenschaften, wozu auch Überzeugungen und Werte zu zählen sind, dazu neigen, sich auf bestimmte Art und Weise zu entwickeln.

Diese Entwicklung basiert einerseits auf den in der Vergangenheit getroffenen Entscheidungen und den darauffolgenden Handlungen. Andererseits gibt es auf Basis der Erfahrungen Aspekte, die gleichsam aus der Zukunft in die Gegenwart – zurück – wirken, nämlich die Funktion der Erwartung. Im soziokulturellen Umfeld wird diese Eigenschaft der Erwartung durch den gegenseitigen Effekt der Erwartung einer Erwartung beeinflusst, der so verstärkten und vervielfältigten mehrfachen Kontingenz von Erwartungserwartung (Baraldi u. a., 1997, S 45ff)

Dies ist ein zentraler Begriff der Theorie der „Sozialen Systeme“ Niklas Luhmanns. Damit ergeben sich aus der Betrachtung von Abläufen mittels des Prinzips der Path Dependence unter Berücksichtigung von erfolgsversprechenden Handlungen, Selbstverstärkung, positiven oder negativen Rückmeldungen und Lock-ins (Page, 2006) Beobachtungen, die mittels digitaler Techniken aufgezeichnet werden können. Diese Aufzeichnungen und die Kenntnis der systemisch und psychologisch bedingten Abläufe machen Verhaltensweisen von Menschen messbar.

Damit wurde die Aufforderung von Galileo Galilei „Alles was messbar ist messen, alles, was nicht messbar ist, messbar machen“ (Apolin, 2016, S 10) zu einem nicht nur für den Bereich der Physik geltenden Diktum. Aus der Vielzahl gespeicherter Daten, abgeleitet aus Entscheidungen, Handlungen, Bewegungen, Absichten, Informationssuchen etc., lassen sich auf Basis mathematisch, statistischer Analysen Wahrscheinlichkeiten berechnen, die steuerungstechnisch eingesetzt werden können. Die so durch menschliche Erkenntnisfähigkeit entstandenen gesellschaftlichen Strukturen werden damit zur Grundlage von Daten und Information. Mögliche Auswertungen dieser Daten im Sinne ökonomischer oder sicherheitspolitischer Anwendungen wecken Begehrlichkeiten aller Art. So findet man Begriffe wie Daten sind das neue Gold, Daten sind das neue Öl oder Gold des digitalen Zeitalters in unzähligen Medien und bei Start-up Konferenzen. Dies sind Schlagworte, die vielfältige Bedeutung haben und nicht klar definieren, was damit gemeint sein könnte. In der Regel werden damit Modelle und Anwendungen beschrieben, die das Sammeln und Auswerten von Daten unterschiedlicher Herkunft mittels kybernetisch orientierter Prozesse beschreiben. Einerseits werden mit dieser Technik enorme ökonomische Entwicklungsmöglichkeiten verbunden, andererseits werden damit Gefahren für Gesellschaft und Demokratie in den Raum gestellt.