Die Formulierung des kategorischen Imperativs von Immanuel Kant, in der er den Menschen immer als Zweck an sich und nie als Mittel fordert, wird mit der Dominanz von Technologie auf eine harte Probe gestellt. Die Anwendung von Technologien, in der von Hans Jonas beschriebenen Feedback-Schleife der Belohnung ist offensichtlich eine Herausforderung für die Mehrzahl der Anwender. Denn die Erfüllung der geforderten Aufgaben realisiert sich zunehmend in der Umsetzung der Aufgaben – sprich in der Verwirklichung der Ziele – und diese orientieren sich selbstreferenziell an sich selbst. Der Blick auf den Menschen gerät aus dem Fokus.

So äußern sich die Zielvorgaben in Umsatz und Gewinn, im Erreichen einer bestimmten Position. In der vernetzten Welt in der Anzahl von Links, Followern, Friends etc. – eine Reduzierung auf Zahlen, auf Quantität – die dabei als Ausdruck für die Qualität des jeweiligen Angebots stehen soll. Der Mensch ist dabei nur mehr als Aspekt der Zahl und Umsatzbringer interessant. Dies gilt es in den kybernetisch bedingten Geschäftsmodellen der vernetzten Welt zu optimieren. Der Zweck in diesen Modellen symbolisiert die Zielvorgabe und die Steigerung der Wachstumsrate. Die Mittel, diesen Zweck zu erreichen, werden mithilfe von Datenanalysen generiert – mittels Analyse von Daten, produziert von Menschen, die sich in den neuen Welten von Kommunikation und Werbung bewegen und dabei Spuren hinterlassen.

Die Frage, ob diese Menschen als Mittel zum Zweck benutzt werden, ob dies also grob fahrlässig dem von Kant geforderten Prinzip widersprechen würde, stellt sich nicht. Denn die Auswertung von Daten wird nicht damit in Verbindung gebracht.

Die Bedenken von Datenschützern werden mit dem Argument entkräftet, dass es sich bei den benutzten Daten bereits um sogenannte Metadaten handeln würde, keinesfalls um personenbezogene Daten.

Dies erinnert wieder an die als strukturelle Determination bezeichnete Unfähigkeit, Situationen und Dinge zu erkennen, die sich außerhalb der eigenen Wahrnehmungssysteme befinden. Zudem sprechen Spezialisten unterschiedlicher Fachrichtungen unterschiedliche Sprachen – eine Situation, die an die von Marx formulierte Welt des Fachidiotismus erinnert. Eine Welt, in der die Argumente der einen Seite bei der jeweils anderen Seite auf Unverständnis stoßen.

Um einen Diskurs zu diesem Thema führen zu können, sollten Data Scientisten und Informatiker neben ihren Fähigkeiten zur Analyse digitaler Daten ebenso mit grundlegenden Gedanken zu ethischen Fragestellungen konfrontiert werden. Gleichzeitig scheint es vorteilhaft, würden Ethiker und Philosophen die Chance nutzen, sich die Denkweise von Datenwissenschaftern und Informatikern anzueignen. Bestimmt eine Herausforderung für alle, jedoch im Sinne des lebenslangen Lernens.

Dies könnte dazu führen, dass Daten, die Bezug zu Menschen haben, unter dem Aspekt des kategorischen Imperativs von Immanuel Kant betrachtet werden können. Weiters würde damit die Frage zu erörtern sein, ob mit der Nutzung dieser Daten, Menschen – als Urheber dieser Daten – als Mittel zum Zweck missbraucht würden. Denn diese Daten werden heute mittels künstlicher Intelligenz dazu genutzt, personalisierte Dienste, Werbung und Nachrichten zu verteilen. Als probates Mittel zur Steuerung von Information und zur Steigerung von Aufmerksamkeit.