Die Beobachtungen von Vogel- oder Fischschwärmen, die Eigenschaften von Bienen- und Ameisenvölkern, ihre Art, miteinander und offensichtlich kooperativ zu agieren und ihre Lebens- und Arbeitswelt zu organisieren, lässt so etwas wie Intelligenz vermuten.
Das Verhalten eines Schwarm lässt eine Art von Kompetenz in Sachen Problemlösung annehmen, die mittels Kommunikation und Kooperation die Fähigkeit des sozialen Lernens zeigt. So zeigt dieses Verhalten den Umgang mit der Komplexität der Umwelt und lässt eine daraus entstehende Dyna- mik erkennen. Es ergibt sich eine gemeinsame, kooperative Bewältigung von Unsicherheit mittels der Bündelung von Aktivitäten. (Miller, 2010, S. 15)
Am Beispiel einer Population Ameisen lässt sich diese Art von gemeinsamer Problemlösung leicht nachvollziehen. Bei der Futtersuche von Ameisen könnte man das Gesetz der großen Zahl und den Matthäus Effekt als grundsätzliche Regeln betrachten – wohlgemerkt: beide Aspekte sind Ergebnisse menschlicher Beobachtungen und als Interpretationen zu werten. Dies bedeutet, je mehr Ameisen sich auf Futtersuche begeben, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, Futter auch zu finden. Der Eintritt eines weiteren Effekts – eines positiven Feedbacks – ist die Möglichkeit, die Größe der Population zu steigern. (Füllsack, 2011, S. 250) Es geht dabei vor allem darum, unter einer enormen Anzahl von Möglichkeiten, die zu finden, welche optimale Ergebnisse bringen.
Es schwärmt eine große Anzahl von Ameisen aus. Jede begibt sich auf einem anderen, zufälligen Weg auf die Suche nach Futter. Ist sie erfolgreich, so kehrt sie zum Ausgangspunkt zurück. Dabei werden Pheromone = Botenstoffe mit Signalcharakter auf der Spur jeder Ameise verteilt. Je kürzer der Weg, und damit die mit der erfolgreichen Futtersuche verbrachte Zeit, desto intensiver ist das Signal für andere Ameisen zu erkennen. Dauert der Weg einer Ameise länger, so ist der Duft der Pheromone weniger intensiv wahrzunehmen. Dies bewirkt, dass nachfolgende Ameisen dem kurzen Weg eher folgen und damit auf dem kürzest möglichen Weg selbst auch die Futterquelle erreichen. Ein Vorgang, der sich mit jeder Ameise zusätzlich verstärkt. Wir haben es also in diesem Fall mit einem dezentralen Ablauf zu tun, der mittels vielfacher Inter- aktion zwischen den beteiligten Akteuren in der Lage ist, die Problemlösung auf alle Beteiligten zu verteilen. (Miller, 2010, S. 35ff) Die Frage nach einem Plan stellt sich als obsolet heraus. Denn die einzige Intention der Ameisen ist das Ziel zu überleben – dies wird mittels des beschriebenen Vorgangs op- timiert und garantiert eine effiziente Strategie am Rande des Chaos. (Miller, 2010, S. 46)
Bienenschwärme zeigen ein differenziertes Verhalten, denn die Sammlerinnen, die nach der erfolgreichen Futtersuche heimkehren, führen eine Art Tanz – den sogenannten Schwänzeltanz – auf, der alle Informationen zur entdeck- ten Futterstelle vermitteln soll. Kundschafterinnen des Bienenvolkes wieder suchen bei Notwendigkeit nach neuen Plätzen für den Bienenstock. Auch sie zeigen mithilfe eines Tanzes mögliche neue Standorte für den Stock an. Nachdem verschiedene Kundschafterinnen unterschiedliche Standorte finden, werden mittels verschiedener Tänze die andersartigen Plätze angezeigt. Im Laufe des Tanzes werden immer weniger Standorte vorgeschlagen, so lange, bis alle Kundschafterinnen den gleichen Tanz zeigen. Damit ist die Suche nach einem neuen Zuhause für das Bienenvolk entschieden und die neue Wohnstatt wird danach besiedelt. (Miller, 2010, S. 50)
Es gibt bei all diesen Vorgängen keine zentrale Steuerung. Diese wäre hoffnungslos überfordert. Das wichtigste Element bei diesem Ablauf ist das reibungslose und unmissverständliche Funktionieren der Kommunikation. Dies kann nicht oft genug betont werden.
Nur mittels Kommunikation ist friktionsfreie Kooperation möglich. Und diese ist Grundlage für gemeinsame Problemlösung. Scheitert die Kommunikation – indem sie entweder nicht stattfindet oder die ausgesandten Signale missver- standen werden – so kippt der effiziente Ablauf in Richtung Chaos. Je größer die Gruppe, desto eher können Probleme in der Kommunikation auftreten – die Folge sind Angst und Hysterie. Zu beobachten in der Natur bei der zerstörerischen Gewalt von Heuschreckenschwärmen. Und leider auch in Form von Massenpaniken bei zu großen Menschenansammlungen.