Folgt man Marshall McLuhan, der als Medientheoretiker die Mediendiskussion in den späten 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts prägte, ist es nicht nur die Information, die uns beeinflusst. Er vertrat die These, dass Menschen sowohl Sprache und Schrift als auch Medien – in der Zeit von Radio, TV und digitalen Medien selbstverständlich auch diese Medien – als Werkzeuge zur Erweiterung ihrer Sinnesorgane verwenden. Dies stört das bis dahin gewohnte Zusammenwirken der Sinne und erfordert einen Adaptionsschritt.
Die Herausforderung dabei sei die Integration dieser geschlossenen Systeme, der Werkzeuge und Techniken in das Bewusstsein der Menschen. Die zentrale Botschaft McLuhans „The Medium is the Message“ (McLuhan, 1964) sollte darauf hinweisen, dass Medien und nicht der Informationsgehalt von Nachrichten in der Lage sind, Gesellschaften zu verändern.
In seinem Werk Die Gutenberg-Galaxis – Das Ende des Buchzeitalters (McLuhan, 1968) beschreibt McLuhan die korrelative Entwicklung von Medien und Gesellschaft. Die historische Einteilung in vier Epochen demonstriert die Einflüsse von Medien und kommunikativen Techniken. Am Beginn steht die auditive Wahrnehmung. Das Ohr ist das wichtigste Sinnesorgan einer oralen Stammeskultur. Dies bedeutet Simultanität und Dynamik in der Übermittlung von Information. Mit der Erfindung der Schrift erweitern sich die Wahrnehmungsformen und werden mehrdimensional. Schrift vermittelt die Anwendung festgelegter Regeln und ermöglicht zeitunabhängige Kommunikation, sowie mittels der Handschrift auch individuelle Aspekte. Der Übergang von Ohr zu Manuskript war von dem Phänomen begleitet, dass beide Sinne angesprochen wurden, da meist laut gelesen wurde. Mit der Erfindung des Buchdrucks wird die Sinneswahrnehmung auf das Auge konzentriert. Das Buch wird zu einem reproduzierbaren Kulturelement und zum Träger und Vermittler von rationalem Wissen. Die Medien und Werkzeuge im elektronischen Zeitalter erfordern schließlich wieder die gleichzeitige Einbindung mehrerer Sinne und verändern gesellschaftliche Zusammenhänge in der Welt. Er formulierte den Begriff des globalen Dorfes bereits vor dem Aufkommen des Internets, begründet mit vielfältigen elektronischen Abhängigkeiten. Medien und Werkzeuge verändern die Gesellschaft. Die Übergänge zwischen gesellschaftlichen Epochen sind durch Veränderungen der Medien gekennzeichnet. In der aktuellen Situation verschmelzen Medien und Werkzeuge gleichsam zu einer Art intelligentem, persönlichem Assistenten, der uns unterstützt und gleichzeitig auch steuert. Ein wiederholter Verweis auf den Begriff des Cyberspace / Kybernetes / des Steuermanns erscheint hier angebracht. Manipulation von Meinungen und Emotionen durch digitale Information – Desinformation – Fake News wird durchaus in den Medien thematisiert.
Trotzdem glauben viele, selbst dagegen immun zu sein. Besonders bei der Nutzung von Social Media haben Tests ergeben, dass Immunität gegenüber manipulativer Steuerung von Emotionen zwar wünschenswert sein sollte, jedoch fern aller Realität ist. (Fry, 2018)
Hinzu kommt, dass der Satz Bad News are good News nach wie vor Gültigkeit hat. Die Algorithmen diverser Informationsanbieter und speziell die der Social Media Plattformen sind darauf ausgerichtet, Aufmerksamkeit zu erregen. Diese fördern deshalb die Verteilung von Nachrichten, die besondere Aufmerksamkeit versprechen und unterdrücken umgekehrt weniger geteilte Meldungen. Wohl auch deshalb, weil diese Plattformen werbefinanziert sind und erhöhte Aufmerksamkeit dazu ökonomisch beiträgt. Social Media sind Teil des Überwachungskapitalismus.
Die Intentionen, Daten zu sammeln, auszuwerten und mittels künstlicher Intelligenz für ökonomische Modelle zu nutzen, sind somit wichtige Aspekte der Möglichkeit, gezielt Falschinformation zu verteilen und über diverse Kanäle zu verstärken. Social Bots – Programme, die manipulative Nachrichten auf Social Media Portalen verbreiten, wurden nachweislich im US Wahlkampf 2016 erfolgreich eingesetzt. (Kind u. a., 2017) Soziale Medien sind als politische Informationsquelle ungeeignet, da sie durch digitale Desinformation eine mögliche Entscheidungsfreiheit einschränken (können)