Die erwähnte Selbstbestimmung und Handlungsfreiheit des Menschen als Grundlage ethischer Handlungen verweist auch auf einen Aspekt, der sich in der Thematik der Privatsphäre wieder findet. Mit dem Begriff des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung soll der gläserne Mensch im Zeitalter der digitalen Netzwerke verhindert werden. Daher ist der Begriff der Privatsphäre in den letzten Jahrzehnten zunehmend in den Mittelpunkt, sowohl gesellschaftlicher als auch ökonomischer Diskussionen, gerückt. Mit dem Sammeln der anfallenden Daten geht die Entwicklung aller möglichen Szenarien einher, die durchaus dystopische – wieder einmal – Ausmaße annehmen. Man kann die Frage stellen, warum die Tatsache des Sammelns von privaten = personenbezogenen Daten einerseits die Augen von Investoren angesichts der damit verbundenen ökonomischen Möglichkeiten und Ideen vor Freude auf zukünftige Gewinne funkeln lassen, andererseits tiefe Falten auf die Stirnen von Menschenrechtsaktivisten und Datenschützern zaubern. Blickt man auf diese Thematik, so kann man feststellen, dass es nicht ausschließlich um die Tatsache des Sammelns von Daten, sondern in erster Linie um global wirkende, ideologisch begründete, kulturell unterschiedliche und in den meisten Fällen um ökonomisch argumentierte Zielsetzungen geht.

Global wirkend, da mittels der totalen Vernetzung der Welt die Flüsse an Information = Daten nicht an regionale Gegebenheiten gebunden sind. Ideologisch begründet und kulturell unterschiedlich, da sich aus kulturellen Differenzen Werte- und Normensysteme ergeben, die miteinander nicht in allen Facetten konform gehen können. Diese Unterschiede manifestieren sich in gesellschaftlichen Normen – niedergeschrieben in Gesetzen – die verschiedene Handlungsweisen erlauben. So gibt es in Europa seit dem Jahr 2018 die sogenannte Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die den Umgang mit Daten insgesamt und mit personenbezogenen Daten im Besonderen für Europa einheitlich regeln soll. Verantwortlich für die Umsetzung sind die einzelnen Staaten, die diese Verordnung in lokale Gesetze integrieren.

Damit wird der Schutz der Daten als persönliches Grundrecht definiert und ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung festgeschrieben. Dies bedeutet, persönliche Daten ohne nachteilige Konsequenzen preisgeben oder verweigern zu können. Die Umsetzung dieser Regeln kann von lokalen Datenschutzbehörden kontrolliert und mittels Sanktionen eingefordert werden.

Im Unterschied zu diesen Regelungen in Europa ist der Datenschutz in den USA eine Sache des Verbraucherschutzes und damit im Wirtschaftssystem verankert. Es gelten zum Teil branchenspezifische Bestimmungen, wobei Unternehmen in der Regel das Niveau ihres Datenschutzes selbst definieren. Diese Selbstverpflichtung kann allerdings von der Federal Trade Commission kontrolliert werden. Mit dem US Patriot Act nach dem 11.9.2001 sind zur Abwehr terroristischer Aktivitäten US-Unternehmen allerdings verpflichtet, den Behörden ohne richterliche Anordnung Zugriff auf alle in den USA gespeicherten Daten zu gewähren. (Datenschutz.org, 2020) Die Speicherung von Daten europäischer Herkunft in den USA und der Umgang damit war mittels des EU-US-Privacy Shields geregelt.

Diese Übereinkunft wurde mit 16.7.2020 vom Europäischen Gerichtshof für ungültig erklärt. (EDC, 2020) Über eventuelle Datenschutzbestimmungen in China oder Russland lässt sich ohnehin nur spekulieren. Dieser kurze Ausflug in Aspekte des Datenschutzes zeigt wie unterschiedlich Werte und Normen regional zu betrachten sind. Mit Hinweis darauf kann davon ausgegangen werden, dass auch der Begriff der Privatsphäre anders interpretiert wird.