Es vergeht fast kein Tag, an dem nicht eine Pressekonferenz zum Themenbereich Corona-Pandemie der österreichischen Regierung nicht nur stattfindet, sondern auch in den Medien live gesendet und danach über den gesamten Tag in diversen Nachrichtensendungen interpretiert und kommentiert wird. Abgesehen von den zu lösenden Problemen und den als Lösungen angebotenen Schritten und Hilfen bemerkt man, dass diese Pressekonferenzen durch ungemein auffällige symbolische Abläufe gekennzeichnet sind.
Die jeweils 3 oder 4 Akteure – Ministerinnen, Minister und machmal auch Expertinnen oder Experten schreiten im Gänsemarsch, das Gesicht mittels MundNasenSchutz zum Teil verhüllt, zu dem jeweils für sie vorgesehenen Rednerpult, das mit einer Plexiglaswand ausgestattet ist, hinter der sie sich hinstellen. In gleichgeschaltenem Bewegunsablauf werden im Stile einer Zeremonie die Masken abgenommen. Es scheint fast so, als würden die wichtigen EntscheidungsträgerInnen auf diese Art und Weise vor den wartenden JournalistInnen geschützt – auf jeden Fall stellen diese Plexiglaswände eine Barriere dar – eine symbolische Barriere zwischen Herrschenden und Volk. Wer immer diese Zeremonien so geplant hat, scheint sich religös anmutende Rituale zum Vorbild genommen zu haben. Dazu passt auch, dass der Bundeskanzler im Zusammenhang mit den Lockerungen nach Ostern die Metapher der Auferstehung benutzt hat.
Die jeweils geplanten Schritte und Handlungen, werden im Stile von Verlautbarungen kund getan. Unterstützt werden diese Erklärungen mit Beschwörungen und Glaubenssätzen, die Hinweise darauf enthalten, dass die derzeitige Krise wohl die schwerste seit dem 2. Weltkrieg sei und dass wir alle zusammenstehen müssten – trotz Verpflichtung Abstand zu halten. Diese Vorgänge erinnern verblüffend stark an Zeremonien, wie man sie aus Glaubensgemeinschaften oder Sekten kennt, zumal die geplanten Verordnungen und Beschlüsse oft nicht mit Begründungen oder wissenschaftlichen Erkenntnissen argumentiert werden. Am besten man glaubt daran. Tut man dies nicht, wird man mit Missachtung bestraft und aus der Glaubensgemeinschaft ausgeschlossen.
Eines erreichen diese herrschaftlichen Auftritte mit Sicherheit – eine andauernde Medienpräsenz der handelnden Personen. Zudem wird vermittelt, dass hier Personen tätig sind, die im Sinne notwendiger Lösungen extrem handlungs- und entscheidungsfähig sind – also einfach Macher. Aktuelle Umfragen zur Beliebtheit der handelnden Personen bestätigen einen gewissen Erfolg dieser Inszenierungen. In meinem Beitrag vom 2. April – Taktik mit Zahlen versus Strategie – habe ich darauf verwiesen, dass diese Vorgangsweise mehr einer Taktik geschuldet, als eine Strategie zu beinhalten scheint. Dieser Eindruck hat sich seither enorm verstärkt und wird langsam zur Gewissheit.
Es ist mit Sicherheit richtig, die Entwicklung der Infektions- und Genesungszahlen im Sinne der Versorgungssicherheit des Gesundheitssystems zu beobachten und mit dem Wissen dieser Zahlen Entscheidungen zu treffen. Die notwendigen Schritte können aber bereits vor dem Erreichen von Krankheitszahlen feststehen. Es wäre in der sechsten Woche der Verordnung der wirtschaftlichen und sozialen Beschränkungen an der Zeit, eine Strategie zu präsentieren. Eine Strategie, die allen Bürgerinnen und Bürgern einen klaren Plan vermittelt, mit welchen zukünftigen Schritten – egal ob Lockerungen oder Verschärfungen der Beschränkungen – bei welchem Verlauf der Pandemie zu rechnen ist. Somit könnten auch die Zeitpunkte für die notwendigen Maßnahmen allgemein bekannt sein – die unglaubliche Menge an symbolträchtigen Zeremonien der Herrschenden wäre damit aber nicht mehr gerechtfertigt.
So sehe ich die Annahme bestätigt, dass die Regierung darauf abzielt, das Volk mittels Unsicherheit die kommenden Wochen ruhig zu halten und sich selbst gleichzeitig als Entscheider zu überhöhen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt 😉