Mitte Juli 2017 ging die Meldung durch die Medien, dass die OECD (The Organisation for Economic Co-operation and Development) im Länderbericht für Österreich die Wirtschaftsentwicklung zwar positiv betrachtete, jedoch der Entwicklung der Digitalisierung im Vergleich zu Skandinavien Nachholbedarf mit den Worten “Die Anpassung an die globale digitale Revolution verlief in Österreich langsamer als in den am meisten fortgeschrittenen OECD-Ländern” attestierte.

Bei der Präsentation des Berichts wies die stellvertretende OECD-Generalsekretärin Kiviniemi darauf hin, dass langsame Umsetzung der “Anpassung an die globale digitale Revolution” problematisch sei – dies gleichzeitig mit der Feststellung, dass im digitalen Wandel das Prinzip “The Winner takes it All” gelte. Als Trost mag der Hinweis gelten, dass Österreich (und auch Deutschland) über dem Schnitt der EU-28 liege.

Österreichische Politiker legten im Rahmen der Präsentation Wert darauf zu betonen, dass führende Unternehmen bei der Digitalisierung durchaus mit skandinavischen Unternehmen mithalten können. Auch der Ausbau der Infrastruktur für Breibandkommunikation und der Plan für die Einbindung digitaler Strategien in die Bildung sei mittels einer “Digital Roadmap” in Angriff genommen. Sicherlich sei es auch erforderlich, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter auf die digitale Transformation besser vorbereiten.

Dies bedeutet: Die Notwendigkeit der Anpassung an die globale digitale Revolution ist unbestreitbar – das dabei zu Tage tretende Prinzip des “The winner takes it all” ist jedoch wert, hinterfragt zu werden!  Gibt es einen Gewinner, so ist das Spiel oder der Wettbewerb, der diesem  genannten Prinzip unterliegt, nicht dazu angetan, lange zu währen. Der jeweilige Sieger muss immer neue Mitspieler suchen, um sein Spiel weiterspielen zu können. Es ist verständlich, dass die Verlierer nicht immer wieder gegen den Sieger antreten wollen um sich mehrmals geschlagen geben zu müssen. Es sei denn, die Regeln des Spiels werden adaptiert – was einen Konsens voraussetzt – oder negiert – was einer Revolution gleichkäme. Es wird somit von Interesse für die Beteiligten an diesem Wettbewerb sein, die Regeln mit einer Übereinkunft zu Beginn des Spiels zu gestalten.

Erwiesenermaßen greift die Digitalisierung und alle damit einhergehenden Entwicklungen derart umfassend und vielgestalt in sämtliche Lebensbereiche ein, sodass die Gesellschaft und allen voran die Politik gefragt sind, sich mit den Prinzipien, nach denen dieses Spiel zu spielen ist, intensiv auseinander zu setzen und einen Konsens zu suchen. Weiters ist zu betrachten, dass mit dem Begriff  “Digitalisierung” ein vielschichtiges Spektrum von unterschiedlichen Anwendungen und Praktiken im Bereich der Informationstechnologien und Automatisierung beschrieben wird. Es bedarf daher einer Definition der verwendeten Begriffe und einer detaillierten Beschreibung von Strategien.

Es reicht allerdings nicht,  Breitbandausbau, Laptops und Tablets in Schulen, die Bedienung von Computern, Smartphones und hippen Gadgets als taktische Vorhaben zu nennen, wie dies bei den meisten Politikern im deutschsprachigen Raum der Fall ist – dies greift viel zu kurz. Es mag zwar von essentiellem Interesse für wirtschaftlichen Erfolg in manchen Bereichen sein, mit digitalen Geräten kommunizieren und arbeiten zu können. Für die Bewältigung der grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen, die mit der Digitalisierung auf uns alle zukommen (ein vielseitig beanspruchter Begriff zur Beschreibung dieser Szenarien:  4. Industrielle Revolution), ist es viel mehr von Bedeutung und weitaus zielführender sich mit den, diesen Veränderungen zugrunde liegenden Prinzipien  auseinanderzusetzen, um eine politische und gesellschaftliche Strategie zu entwickeln und damit den Fortbestand demokratischer, sozialer und liberaler Gesellschaften zu garantieren.

Ein interessantes Interview zu diesem Thema mit Richard David Precht

PS: Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hatte Mitte August 2017 vier Youtube-Bloggern Rede und Antwort gestanden, um wohl die Zielgruppe der unter 30-jährigen auf diese Art und Weise zu erreichen. Die Antwort, die sie auf die Frage gibt, was denn Schulabgänger können sollten, ist leider bezeichnend für das (Nicht)Verständnis von Politikern im Umgang mit den gesellschaftlichen Veränderungen durch die Digitalisierung:
Schulabgänger sollten doch „Lesen, Schreiben und Rechnen und heute ein wenig Programmieren“ können!!
Da wird die Digitalisierung wohl kräftig unterschätzt!