Sowohl Kant als auch Smith gingen bei ihren Überlegungen von Prinzipien aus, die das Verhältnis zwischen Menschen betrafen, die einander auch begegnen konnten. „Alle Sittlichkeit war auf diesen Nahkreis des Handelns eingestellt“ (Jonas, 1984, S 23) Dieser Nahkreis war sowohl durch lokale als auch zeitliche Gemeinsamkeiten geprägt. Sowohl in diesem lokalen Horizont als auch in der gemeinsamen Gegenwart der Handelnden manifestiert sich ein essenzieller Unterschied zu heute vorherrschenden Bedingungen. Dies soll nicht die Bedeutung der formulierten Prinzipien infrage stellen, sondern als Grundlage der Erweiterung dienen.

Die Erweiterung der Handlungsräume, sowohl örtlich als auch durch mögliche Auswirkungen auf zukünftig lebende Menschen wird erst mit dem technischen Fortschritt und der globalen Vernetzung sämtlicher gesellschaftlicher Bereiche zur Herausforderung für eine Ethik, die diesen Lebensbedingungen gerecht werden soll. (Jonas, 1984, S 28) Technologien nehmen zunehmend Raum in der menschlichen Lebenswelt in Anspruch und verstärken damit Wirkung und Rückwirkung – die Technologie fordert gleichsam weiteren Einsatz ihrer selbst. Die Steigerung der Einsatzwahrscheinlichkeit mit dem Auftreten neuer Techniken und Werkzeuge wurde bereits mehrfach angesprochen.

Dabei entstehen positive Feedback-Schleifen von „Notwendigkeit und Belohnung“ (Jonas, 1984, S 31f) und die Anwendung technischer Werkzeuge wird zum Beruf – noch mehr zur Berufung. Der Einfluss der Anwendung von Technologien auf Natur, Mensch und die Welt an sich fordert eine „praktische Verpflichtung gegenüber der Nachwelt“ (Jonas, 1984, S 33), aus der Hans Jonas seinen neuen Imperativ des Prinzips Verantwortung formuliert:

„Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden“ (Jonas, 1984, S 36)

Aus diesem Imperativ der Nachhaltigkeit, die Hans Jonas in seinem Werk Prinzip Verantwortung formuliert, ergibt sich die Forderung nach einer Abschätzung der Folgen des Einsatzes von Technologien. Den Instituten für Technikfolgenabschätzung wird aus dieser Sicht eine verantwortungsvolle Aufgabe bei der Einschätzung zukünftiger Szenarien zukommen.

Die strukturellen Veränderungen und Neuerungen im Rahmen der globalen Wirtschafts- und Kommunikationssysteme seit der Formulierung dieses Prinzips haben die Welt allerdings in einem Ausmaß gewandelt, das dieses Ansinnen deutlich schwieriger macht. Rasant zunehmende Vernetzung erhöht die Komplexität und erschwert Einschätzungen. Sowohl Best-Case als auch Worst-Case-Szenarien lassen sich mit immer geringeren Wahrscheinlichkeiten darstellen, je komplexer sich Zusammenhänge darstellen.

Trotzdem ist es aus ethischer Sicht für nachhaltigen Umgang mit der Welt notwendig, solche Szenarien zu entwerfen. Der Einsatz von Technik, die langfristig in die Zukunft von Gesellschaft und Welt wirkt, verlangt die Definition eines Worst-Case-Szenarios. Sollte dieses Modell in irgendeiner Art und Weise eine nachhaltige Zukunft stören oder unmöglich machen, so verlangt die Verantwortung diese spezifische Technik nicht zum Einsatz zu bringen.

„Es ist die Vorschrift, primitiv gesagt, dass der Unheilsprophezeiung mehr Gehör zu geben ist als der Heilsprophezeiung.“ (Jonas, 1984, S 70)